Der Schreck sitzt tief: Eine Kündigung der Wohnung liegt im Briefkasten. Eine neue Wohnung zu finden ist bei der derzeitigen Marktsituation in vielen Regionen eine Herausforderung. Doch bevor du in Panik verfällst, solltest du wissen: Mietende in Deutschland haben starke Rechte.


Livetalk Wohnungskündigung: Wie du dich dagegen wehrst
(Mitschnitt vom 16. Juli 2025)
Mit Felix Freist und Jorin Verges
Dauer: 1:18h
Eigenbedarf
Eigenbedarf ist die häufigste Kündigungsart. Der Vermietende möchte die Wohnung für sich, seine Familie oder Haushaltsangehörige nutzen. Nicht jede Eigenbedarfskündigung ist berechtigt. Der Vermietende muss seinen Bedarf konkret und nachvollziehbar begründen. Prüfe genau: Ist der angegebene Eigenbedarf plausibel? Bei besonderen Härtefällen kannst du Widerspruch einlegen. In einigen Fällen haben Mietende sogar ein Vorkaufsrecht.
Die Kündigungsfristen bei Eigenbedarf:
- drei Monate bei weniger als fünf Jahren Mietdauer
- sechs Monate bei fünf bis acht Jahren Mietdauer
- neun Monate bei mehr als acht Jahren Mietdauer
Mietrückstand
Mietrückstand führt nicht automatisch zur Kündigung. Erst bei mehr als zwei Monatsmieten Rückstand oder wiederholter unpünktlicher Zahlung kann der Vermietende kündigen. Eine fristlose Kündigung ist möglich, wenn der Rückstand mehr als zwei Monatsmieten beträgt. Falls du eine solche Kündigung erhalten hast, musst du schnell handeln: Zahle den Rückstand nach oder vereinbare eine Ratenzahlung. Viele Vermietende zeigen sich kooperativ, wenn du proaktiv auf sie zugehst.
Vertragswidriges Verhalten
Vertragswidriges Verhalten wie Ruhestörungen, Missachtung der Hausordnung oder Belästigung anderer Mietender kann zur Kündigung führen. Der Vermietende muss jedoch zunächst abmahnen und dir die Gelegenheit zur Verhaltensänderung geben. Bei schwerwiegenden Verstößen ist auch eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich. Nimm die Abmahnungen ernst und stelle das beanstandete Verhalten.
Unberechtigte Untervermietung
Unberechtigte Untervermietung ist oft ein Kündigungsgrund, der auf Unwissenheit beruht. Für die Untervermietung benötigst du grundsätzlich die Zustimmung des Vermietenden. Bei teilweiser Untervermietung hast du sogar einen Anspruch auf Erlaubnis, sofern ein berechtigtes Interesse vorliegt. Ohne Erlaubnis des Vermietenden solltest du das Untermietverhältnis beenden und nachträglich die Genehmigung einholen.
Verwertungskündigungen
Verwertungskündigungen sind in der Praxis am schwierigsten durchzusetzen und erweisen sich häufig als unwirksam. Gründe können der Abriss des Gebäudes, eine umfassende Modernisierung oder wirtschaftliche Verwertungshindernisse sein. Der Vermietende muss nachweisen, dass ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Grund: Er erleidet durch die Vermietung erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Die Hürden sind bei dieser Kündigungsart bewusst sehr hoch gesetzt. Als Mietender kannst du meist erfolgreich widersprechen und hast möglicherweise ein Vorkaufsrecht.
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Das deutsche Mietrecht sieht vor: Ordentliche Kündigungen sind nur aus wichtigem Grund möglich. Die Sozialklausel ermöglicht es, einer Kündigung zu widersprechen, wenn deren Durchführung eine besondere Härte bedeuten würde. Der Widerspruch muss spätestens zwei Monate vor dem Kündigungstermin schriftlich eingelegt werden. Mietende müssen Härtegründe nachweisen.
Folgende Begründungen sind unter anderem möglich:
- Krankheit oder hohes Alter
- Körperliche oder geistige Behinderung
- Drohende Obdachlosigkeit
- Schwangerschaft, wenn unmittelbar die Entbindung bevorsteht
- Fehlen von angemessenem Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen
- Pflegebedürftige Angehörige in der Nähe
Wenn du eine Kündigung erhalten hast, bewahre Ruhe und prüfe das Schreiben systematisch:
Formale Prüfung:
- Ist die Kündigung korrekt adressiert?
- Ist die Kündigungsfrist eingehalten?
- Ist das Schreiben ordnungsgemäß zugestellt worden?
- Sind alle Vermieter aufgeführt (bei Miteigentum)?
Inhaltliche Prüfung:
- Ist der Kündigungsgrund plausibel begründet?
- Sind die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt?
- Gibt es Anhaltspunkte für eine Scheinbegründung?
Dokumentation:
- Notiere alle relevanten Termine
- Sammle Unterlagen wie Mietvertrag und Korrespondenz
- Belege für persönliche Umstände zusammenstellen
- Fotografiere den Zustand der Wohnung
So suchst du sicher
Achte bei der Immobiliensuche darauf, mit wem du deine persönlichen Daten teilst.
Mietervereine bieten umfassende Beratung und Rechtsschutz. Die Mitgliedschaft kostet meist zwischen 60 und 120 Euro jährlich und lohnt sich bereits bei einer einzigen Beratung.
Anwaltliche Beratung ist oft unvermeidbar, da die Fälle komplex sind. Prüfe immer, ob deine Rechtsschutzversicherung Mietangelegenheiten beinhaltet und die Kosten übernimmt.
Beratungshilfe kannst du beim zuständigen Amtsgericht beantragen, wenn dein Einkommen bestimmte Grenzen nicht überschreitet.
Städtische Beratungsstellen und Sozialämter helfen bei finanziellen Schwierigkeiten und vermitteln in Notfällen auch Ersatzwohnraum.
Verbraucherzentralen bieten ebenfalls Rechtsberatung zu Mietangelegenheiten an.
Eine Kündigung ist kein Weltuntergang. Viele Kündigungen sind anfechtbar oder können durch Verhandlungen abgewendet werden. Wichtig ist: Handle schnell und besonnen, informiere dich und nimm professionelle Hilfe in Anspruch. Mietende in Deutschland genießen starken Kündigungsschutz. Nutze diesen Schutz und lass dich nicht einschüchtern.
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