importantpoints
Das Wichtigste in Kürze
  • Der Fluch der 100 Tage: Die neue Bundesregierung sorgt mit widersprüchlichen Signalen für Verunsicherung in der Immobilienbranche.

  • Fachleute raten fast einstimmig davon ab, auf wieder fallende Zinsen zu spekulieren und empfehlen, die aktuelle Zinslage zu nutzen.

  • Die Bauzinsen haben sich im August weiter verteuert.



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Eigentlich sollte der Sommer für Entspannung sorgen, doch für Bauverantwortliche und Immobilienkäufer:innen fühlt sich die Lage eher nach schwüler Gewitterluft an. Während die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin die Füße hochlegt und eine Sommerpause einlegt, rumort es an der Zinsfront für Baukredite. Und als wäre das nicht genug, sorgt nicht nur die neue Bundesregierung in Berlin für ein politisches Wetterleuchten, das die Planungssicherheit nicht gerade erhöht – auch in den USA geht es mit dem Eingreifen Donald Trumps in die Personalpolitik der Fed turbulent zu.

100 Tage im Amt: Die neue Bundesregierung sendet gemischte Signale

Fangen wir gleich mit der Bundespolitik an. Seit gut 100 Tagen ist die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz im Amt – angetreten mit dem Versprechen, den Wohnungsbau anzukurbeln und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Das erste Zwischenfazit aus der Immobilienwirtschaft fällt jedoch, sagen wir mal, durchwachsen aus. Einerseits gibt es vielversprechende Ansätze wie den sogenannten „Bau-Turbo", der Bauprozesse beschleunigen soll. Andererseits fehlen Tempo, Priorisierung und Rechtssicherheit, sagen der Bundesverband Immobilienberatung und -dienstleistung e. V. (BID) und der Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V. (VDIV).

Beim „Bau-Turbo" (§ 246e BauGB) begrüßen die Verbände zwar die Beschleunigungsansätze, kritisieren jedoch neue Hemmnisse wie zusätzliche Gemeindezustimmungen und die Befristung bis 2030. Auch der vereinfachte Gebäudetyp E wird durch fehlende Rechtsklarheit ausgebremst – klare Regelungen im Bau- und Mietrecht seien nötig, damit Abweichungen von nicht sicherheitsrelevanten Standards rechtssicher möglich werden.

Der BID fordert außerdem die Reaktivierung des KfW-Effizienzhaus-55-Standards, längere Fristen für bereits bewilligte Projekte und eine Vorziehung der Fördermittelreform auf 2026 oder früher. Martin Kassler, Geschäftsführer des VDIV Deutschland, mahnt: „Ohne klare Zeitpläne und entschlossene Umsetzung bleibt das Tempo im Wohnungsbau zu niedrig."

Ähnlich sieht das die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Sie zieht ein ernüchterndes Fazit und meint, die Regierung habe „bisher nicht geliefert". Stattdessen werde neue Bürokratie aufgebaut. Was der Markt jetzt am dringendsten brauche, sei Verlässlichkeit und Planbarkeit – doch genau die scheint es derzeit nicht zu geben.



Das ImmoScout24-Zinschart zeigt dir interaktiv den aktuellen Stand der Sollzinsen an. Damit siehst du auf einen Blick, zu welchem Zinssatz du aktuell durchschnittlich finanzieren könntest, aufgeteilt nach Zinsbindungsfristen. Außerdem zeigen wir dir die Zinsentwicklung des letzten Jahres im Überblick. Einfach mit der Maus über die Graphen fahren oder mit dem Finger antippen, schon siehst du den jeweiligen Zinssatz!


Zinsen klettern langsam aus der Deckung

Passend zur politischen Verunsicherung ist auch die Ruhe an der Zinsfront vorbei. Nachdem sich die Konditionen für Baufinanzierungen wochenlang eher seitwärts bewegt hatten, ist seit der zweiten Julihälfte eine leichte Aufwärtsbewegung spürbar – das zeigt unser ImmoScout24-Zinsbarometer deutlich.

Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin beim Vermittler Interhyp, beobachtet diesen leichten Anstieg ebenfalls und geht davon aus, dass sich die Bauzinsen in den kommenden Wochen auf dem neuen, etwas höheren Niveau seitwärts bewegen werden. Antonio Skoro, Geschäftsführer von Qualitypool, sieht das ähnlich und meint, die Kombination aus stabiler Inflation (in Deutschland nun im zweiten Monat bei 2,0 Prozent) und der Zinspause der EZB spreche dafür, dass die Zinsen über die Sommerpause hinweg auf dem aktuellen Niveau bleiben. Die ersten Anbieter haben auf diese Entwicklung bereits reagiert, ihre Konditionen für Baufinanzierungen angepasst und die Zinsen leicht erhöht.

Auch die Förderkredite der KfW sind teurer geworden – sowohl im Programm 261 („BEG-Wohngebäude") als auch im wichtigen Wohneigentumsprogramm 124. Ein großes Beben ist das noch nicht, aber es ist ein klares Zeichen dafür, dass die Phase der absoluten Windstille vorbei sein könnte.




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Machtkampf in Washington: Trump schafft Fakten und zieht alle Register

Schauen wir über den Atlantik hinüber in die USA, tobt dort bereits ein Hurrikan. Donald Trump hat seine Drohungen wahr gemacht und Fed-Gouverneurin Lisa Cook „mit sofortiger Wirkung" entlassen – ein in der Geschichte der amerikanischen Notenbank beispielloser Vorgang. Trumps Begründung: Cook habe in Hypothekenunterlagen falsche Angaben gemacht. Die Ökonomin, die 2022 als erste Schwarze Frau ins Fed-Führungsgremium berufen wurde, weist das entschieden zurück. „Es gibt keinen rechtlichen Grund für meine Entlassung", kontert sie durch ihre Anwaltsfirma – und bleibt erstmal im Amt.

Was hier abläuft, ist weit mehr als ein juristisches Geplänkel. Trump führt einen Machtkampf um niedrigere Zinsen, mit allen verfügbaren Mitteln. Seit Monaten fordert er aggressivere Zinssenkungen und macht Fed-Chef Jerome Powell das Leben schwer. Die Entlassung Cooks ist ein kalkulierter Schachzug: Gelingt es Trump, sie durch einen Loyalisten zu ersetzen, hätte er eine Vier-zu-drei-Mehrheit im siebenköpfigen Fed-Gouverneursrat. Für Baufinanzierungen hierzulande könnte das durchaus Folgen haben: Eine schwächere, politisch beeinflusste Fed würde internationale Kapitalströme umlenken und die globale Zinsdynamik verändern.


Warten auf ... ja, auf was eigentlich?

Wer jetzt zögert und auf das große Zinswunder hofft, könnte eine böse Überraschung erleben. Selten waren sich Fachleute so einig wie aktuell: Das Warten auf deutlich sinkende Zinsen ist eine hochriskante Wette. „Ich rate dringend davon ab, auf sinkende Zinsen zu spekulieren", warnt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Kreditvermittlers Dr. Klein. Auch Oliver Kohnen, Geschäftsführer beim Kreditvermittler Baufi24, findet klare Worte: „Abwarten ist keine gute Strategie." Er warnt, dass Zögernde nicht nur steigende Zinsen, sondern auch weiter anziehende Immobilienpreise riskieren.

Eine Mehrheit der von Interhyp und biallo.de befragten Banken- und Kreditfachleute rechnet für den Rest des Jahres mit stabilen oder sogar leicht steigenden Zinsen, die sich in Richtung vier Prozent bewegen könnten. „Langfristig betrachtet sind Bauzinsen von um die 3,5 Prozent (...) nicht viel", sagt Thomas Hentschel, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er erinnert daran, dass die Zinsen vor 30 Jahren bei fast neun Prozent lagen – und der 30-Jahres-Durchschnitt bei etwa 4,5 Prozent.



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Die Kunst des Leistbaren: So reagieren Finanzierungssuchende auf die neue Zinslage

Die Zinsen klettern. Die monatliche Rate auch? Nicht unbedingt. Aktuelle Daten zeigen, dass Finanzierungssuchende kreativ auf die veränderte Lage reagieren. Der Dr.-Klein-Trendindikator Baufinanzierung (DTB) offenbart einen spannenden Widerspruch: Während die theoretische „Standardrate" für einen Musterkredit aufgrund des höheren Zinsniveaus leicht gestiegen ist, ist die durchschnittlich gezahlte Rate der Finanzierungssuchenden sogar gesunken.

Michael Neumann von Dr. Klein erklärt das so: Die Menschen nehmen individuell Einfluss darauf, wie hoch ihre finanzielle Belastung sein soll. Konkret bedeutet das: Sie schrauben den anfänglichen Tilgungssatz nach unten. Im Juli fiel dieser im Schnitt auf 1,93 Prozent. Das hält die monatliche Rate zwar vorerst im Zaum, bedeutet aber auch, dass die Entschuldung langsamer vorangeht.

Flexibel finanzieren ist das Gebot der Stunde

Gleichzeitig werden Finanzierungssuchende bei den Vertragsdetails anspruchsvoller. Fachleute wie Rainer Eichwede von der Bausparkasse Schwäbisch Hall beobachten eine verstärkte Nachfrage nach flexiblen Tilgungsmodellen. „Sondertilgungen sind fast schon Pflicht", bestätigt auch Oliver Kohnen von Baufi24. Die Möglichkeit, je nach Geldbeutel mehr oder weniger zurückzuzahlen, wird immer wichtiger. Ein weiterer Trend: Wer „grün" baut, zahlt oft weniger – Banken belohnen gute Energieausweise zunehmend mit Zinsrabatten.




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ImmoScout24-Zinsbarometer

Entwicklung der Bauzinsen grafisch dargestellt mit farbigen Balken. Zahlen sind im folgenden Text zum Zinsbarometer enthalten. Entwicklung der Bauzinsen grafisch dargestellt mit farbigen Balken. Zahlen sind im folgenden Text zum Zinsbarometer enthalten.

Lange Zeit herrschte eine sogenannte inverse Zinsstruktur – Kredite mit kürzeren Laufzeiten waren teurer als solche mit längeren. Doch dieser Zustand scheint nun beendet. Die Zinsen für fünf- und zehnjährige Baufinanzierungen liegen im Durchschnitt wieder unter denen für länger laufende Kredite. Damit werden kürzere Zinsbindungen für bestimmte Finanzierungsstrategien wieder zu einer interessanten Option.

Ansonsten haben sich die Zinsen insgesamt weiter nach oben entwickelt – und das quer durch alle Laufzeiten.

Bei Darlehen mit einer Laufzeit von fünf Jahren stieg der Zinssatz deutlich um 0,11 Prozentpunkte: von 3,66 Prozent auf nun 3,77 Prozent.

Bei den zehnjährigen Finanzierungen ging es sogar noch deutlicher aufwärts – plus 0,13 Punkte auf 3,83 Prozent (Vormonat: 3,70 Prozent).

Auch die 15-jährigen Kredite legten um 0,05 Prozentpunkte zu und erreichten mit 4,00 Prozent eine psychologisch wichtige Marke (Vormonat: 3,95 Prozent).

Den stärksten Anstieg verzeichneten die 20-jährigen Darlehen: Hier kletterte der Zinssatz um 0,17 Prozentpunkte auf 4,21 Prozent – nach zuvor 4,04 Prozent.

*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmoScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent. 


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Alles über Aktuelle Bauzinsen

Alles, was du zum Thema Zinsen wissen musst: Wir unterstützen dich mit informativen Beiträgen, cleveren Rechnern und Podcasts zum aktuellen Zinsgeschehen. Das wird dir helfen, gute Entscheidungen zu treffen.

 

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Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel

Geldpolitik: Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind. 

Leitzinsen: Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik. 

Rezession: Eine Phase im Konjunkturzyklus (daneben gibt es noch Aufschwung, Boom und Depression). Man spricht üblicherweise von einer Rezession, wenn sich die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen abschwächt oder zumindest gleichbleibt. 

Ratingagenturen: Dies sind Unternehmen, welche die Kreditwürdigkeit anderer Unternehmen und Staaten bewerten. Ist die Wahrscheinlichkeit von Kreditrückzahlungen hoch, erhalten die betreffenden Unternehmen/Staaten ein gutes Rating. Das höchste wird als „Triple A“, also AAA bezeichnet. Zu den bekanntesten Ratingagenturen gehören „Standard & Poor's“, „Moody's“ und „Fitch“. 

Seitwärtsbewegung: Von Seitwärtsbewegungen spricht man, wenn sich der Kurs oder die Zinsen weder nach oben noch nach unten bewegen, sondern sich gleichmäßig entwickeln.  

Volatilität: Wenn etwas als volatil bezeichnet wird, bedeutet dies, dass es einer hohen Unsicherheit, Instabilität oder Schwankung unterliegt. In Bezug auf Finanzmärkte kann Volatilität auf schnelle und große Preisschwankungen von Aktien, Währungen, Rohstoffen oder auch Zinsen hinweisen. 

 

*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmoScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellte:r, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  

Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten).





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